Die Bartsch von Sigsfeld-Kaserne in Stahnsdorf



Ansichtskarte Stahnsdorf

heute Verwaltung der Gemeinde Stahnsdorf in der Annastraße



Im Jahre 1935 begann in Stahnsdorf unter Leitung des Heeresbauamtes der Bau von drei Kasernenanlagen nebst Wohnhäusern für Offiziere und Zivilangestellte. Der Bau dieser Kasernenanlagen war Teil eines gigantischen Bauprogramms, der als ,,Wiederwehrhaftmachung des Reiches" benannt wurde. Von 1934 bis 1938 wurden reichsweit 532 Heereskasernen gebaut. Diese enorme bauorganisatorische Leistung war nur möglich, da die gesamte Bauwirtschaft der Kriegsrüstung unterworfen war. Die Bauweise der Kasernenanlagen zeichnete sich durch heerestypisch betonte nüchterne, schlichte aber zugleich praktische Baukörper aus, heute gern als nationalsozialistische Architektur bezeichnet. Die Kasernenanlage in der Annastraße wurde am 30. Juli 1936 durch die aus Potsdam-Nedlitz kommende Panzer- Nachrichtenabteilung 39 bezogen. Der Kommandant der neuen Kaserne war ein Major Kempf. Die Kasernenanlage erhielt den Namen ,,Bartsch von Sigsfeld-Kaserne".

Die Annastraße wurde im Zuge der Kaserneneinweihung in Sigsfeldstraße umbenannt.

Der Einzug der Nachrichtenabteilung 39 nach Stahnsdorf wurde durch ein Festprogramm gestaltet. Der Bürgermeister, NSDAP Ortsgruppenleiter, Offiziere und Soldaten der 1935 eingeweihten Schlieffen-Kaserne, Abordnungen von Schulen und Betrieben sowie viele schaulustige Stahnsdorfer Bürger bildeten ein Spalier für die am Ortseingang einziehende Wehrmachtsabteilung, an der Spitze der Kommandeur mit der Traditionsfahne. Es erfolgte der Marsch zum Kriegerdenkmal auf dem Dorfplatz mit anschließender Kranzniederlegung. Vor der Kaserne in Paradeaufstellung der Wehrmacht fand die Schlüsselübergabe durch das Heeresbauamt statt. Ansprachen des Bürgermeisters, des NSDAP-Ortsgruppenleiters sowie des Kommandeurs der Nachrichtenabteilung folgten. Zum Ende der Feierlichkeiten wurde durch den Kommandeur die Flaggenhissung zum Zeichen der Hoheitsübernahme bekundet. Gleichlaufend mit dem Einzug in die neue Kaserne wurden auch die Wohnhäuser bezogen, die sich in kurzer Entfernung zur Kaserne  befanden. In den folgenden Jahren wurde die Kasernenanlage durch den Bau mehrerer Wohnhäuser und eines Offizierskasinos erweitert. Im Kriegsjahr 1943 wurden jedoch alle weiteren geplanten Bauarbeiten lt. Führerbefehl eingestellt.

 

Obwohl während des Zweiten Weltkrieges Stahnsdorf zahlreiche Bombenabwürfe erleben musste, war die Kaserne niemals von Kriegsschäden betroffen. Unzählig viele der Bombentreffer ereigneten sich aber in unmittelbarer Nähe dieser militärischen Anlage, manchmal kaum 100 Meter entfernt.


Zu den vielen Aktivitäten neben dem militärischen Alltag der Kasernenanlagen gehörten zahlreiche propagandistische Veranstaltungen wie beispielsweise kunstvolle Vorführungen der Kradmelder die sich in den Zeitungen dieser Zeit wiederfanden. Zu den Besonderheiten dieser Zeit gehörten zwei Schellackplatten mit Soldatenliedern, aufgenommen u.a. von der Singschar der Kradschützenkompanie der Aufklärungsabteilung 3. Stahnsdorf.



Schellackplatte Nr.1  (A 2476) Telefunken

 Schwarzbraun ist die Haselnuss

 Westerwald-Marsch

Schellackplatte Nr. 2  (A 2501) Telefunken

 Es zittern die morschen Knochen

 Wildgänse rauschen durch die Nacht

Momentan positionieren sich diese sehr seltenen Schellackplatten für Grammophon in der Kategorie Propagandamusik des III Reiches. Es ist daher kaum möglich, ein gut erhaltenes Exemplar auf dem Markt zu bekommen.

Schellackplatten Aufklärungsabteilung 3 in Stahnsdorf
Schellackplatte Aufklärungsabteilung 3 in Stahnsdorf

.

Im April 1945 stand die sowjetische ,,Rote Armee" vor den Toren von Berlin, am Teltowkanal. So wurde im Zuge der Besetzung von Stahnsdorf die Kaserne kampflos übergeben. Die Kaserne diente nunmehr einer sowjetischen Einheit als Garnisonsstandort. Da die Kaserne und das Umfeld als militärischer Sicherheitsbereich galten, gibt es heute kaum Fotos und Dokumente über den Zeitraum der sowjetischen Besetzung. Das Fotografieren dieses Sicherheitsbereiches war fortan verboten, sichtlich durch zahlreiche Warnschilder im Umfeld.

 

Am 12. Juni 1992 verließ die nunmehr umbenannte ,,GUS-Armee“  im Rahmen des Truppenabzuges der Siegermächte in Deutschland den Garnisionsstandort Stahnsdorf. Die Kasernenanlage befand sich nach dem Abzug in einem verwahrlosten Zustand, verbunden mit militärischen Altlasten in deren Wirkungsbereich. So warnten noch vor kurzer Zeit Schilder im angrenzenden Wald vor Munition.

 

Von 1992 bis 1998 lag die Kasernenanlage im Dornröschenschlaf, verkam immer mehr und wurde von Abenteurern, Schaulustigen und auch von Vandalen heimgesucht. Im Jahre 1998 begann rege Bautätigkeit im linken Zwillingsgebäude.

 

Im Februar 1999 entstand für 7,2 Mio. DM der neue Amtssitz der Gemeinde Stahnsdorf. Das Gebäude wurde seiner neuen friedlichen Nutzung übergeben. Neben Amtsverwaltung und Gemeindebibliothek sind heute auch der Stahnsdorfer Heimatverein und der Männerchor dort tätig. Auf den Fluren, wo einst militärischer Drill herrschte, sind heute Ausstellungen von Künstlern und Heimatgeschichte zu sehen. Auch die einstigen Diskussionen um die Baukosten von 7,2 Mio. DM scheinen verhallt.

 

Dem rechten Zwillingsbau war ein schlechtes Schicksal beschieden. Am 21. Januar 2002 hatte man begonnen, die Reste der alten Kasernenanlage zu denen auch angrenzende Gebäude und  Garagen gehörten, abzureißen. Der rechte Zwillingsbau war einst das Stabsgebäude dieser Kasernenanlage, kenntlich durch die zum Eingangsbereich zeigende Adlerskulptur in Stein gehauen – im Greif der Eichenkranz mit dem Erbauungsjahr 1936.

Auf dem Bild rechts zu sehen; nach dem Krieg wurde der Adler und das  Hakenkreuz aus dem Eichenkranz entfernt.



Hans Bartsch von Sigsfeld (1861-1902) war ein deutscher Erfinder und Pionier der Luftschifffahrt. Bartsch von Sigsfeld verunglückte 1902 mit seinem Ballon tödlich. Ihm zu Ehren wurde an seinem ersten Todestag in der Berliner Jungfernheide ein Denkmal gesetzt. Ehrungen seiner Verdienste, sollten durch die Namensgebung der Kaserne in Stahnsdorf gewürdigt werden.



  • "Schlieffen-Kaserne" (08.09.1935), an der jetzigen H.-Zille-Straße
  • "Bartsch von Sigfeld-Kaserne" (30.07.1936), an der heutigen Annastraße
  • "Ludendorff-Kaserne" (30.10.1938) am heutigen Güterfelder Damm



.

Gliederung der stationierten Truppenteile der Wehrmacht in Stahnsdorf:

   ★ Panzer-Abteilung Stahnsdorf 1

   ★ Panzer-Abteilung Stahnsdorf 2

   ★ Panzer-Späh-Kompanie Stahnsdorf

   ★ Panzer-Spähwagen-Abteilung Stahnsdorf

   ★ motorisierte Aufklärungs-Abteilung 3

   ★ Nachrichten-Abteilung 39

   ★ Panzer-Division Nachrichten-Abteilung 39

   ★ Nachrichten-Abteilung 62

   ★ Panzer-Korps Nachrichten-Abteilung 62

   ★ Nachrichten-Ausbildungs-Abteilung 3

.

Ersatztruppenteile

   ★ Panzer-Aufklärungs-Ersatz- und Ausbildungs-Abteilung 4

    Panzer-Abwehr-Lehr- Abteilung 3

    Panzer-Aufklärungs-Ersatz- und Ausbildungs-Abteilung 4

   ★ Nachrichten- Ersatz- Abteilung 23

 

   ★ 1.Flakdivision - 5.schwere Flak-Abteilung 211 (ab 1943)

.

.

von links nach rechts Nr. 10, Oberst Friedrich Paulus, wohnte während seiner Dienstzeit als Kommandeur in Stahnsdorf, in der Potsdamer Allee,  wurde dann später Generalfeldmarschall der 6. Armee - Gruppenfoto beim Offizierstreffen anläßlich der Einweihung der Schlieffen - Kaserne in Stahnsdorf 1935 (org. Foto bearb. 23x16 cm)

---------------------------------------------------------------------------------------------

from left to right, No. 10, Col. Friedrich Paulus, who during his tenure as commander in Stahnsdorf, Potsdam was in the alley, then later Field Marshal of the 6th Army - Group photo at the officers' meeting on the occasion of the inauguration of the Schlieffen - barracks in Stahnsdorf (org. Edit Photo 23x16 cm.) 1935

---------------------------------------------------------------------------------------------



Bild 1 und 2 - Einweihungsfeier der Schlieffen - Kaserne am 08.09.1935.

Stahnsdorf Annastraße

.

Stahnsdorf Annastraße
Stahnsdorf Annastraße

heute Freifläche und Spekulationsobjekt für einen Bürgersaal oder der zukünftige Standort der freiwilligen Feuerwehr in Stahnsdorf